Heute wäre wohl "Martkgeschrei" die treffendere Überschrift als "Marktgeflüster". In der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober kam es an den Finanzmärkten zu heftigen Ausschlägen: US-Indizes wie der Nasdaq verloren über 3 %, und auch die Futures handelten nachbörslich schwach. Auslöser war die Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China, die neue Zölle und geopolitische Unsicherheit brachte. Besonders heftig traf es den Kryptomarkt, wo über 16 Milliarden USD an Long-Positionen liquidiert wurden – eine der größten Wellen der letzten Jahre. Der Abverkauf erfolgte extrem schnell und war weniger ein klassischer Panikverkauf, sondern überwiegend synthetisch getrieben durch automatisierte Liquidations-mechanismen und Market-Maker-Reaktionen in einem überhebelten Markt.

Momentane Stimmungslage
Mein Bauchgefühl sagte mir bereits länger, dass der Markt komplett überhitzt sein muss. Dass aber gerade die neuste Eskalation im USA-China Handelskonflikt nun der Grund für massive Verwerfungen an den (Krypto-)Märkten sein soll und womöglich auch am Montag die Märkte stark im roten Bereich öffnen dürften, stimmt mich skeptisch. Denn als z.B. die verhängten US-Zölle am 1. August 2025 aktiv wurden, reagierten die Märkte derart gelassen, als hätte das Zoll-Thema keinen Einfluss mehr auf die Märkte. Natürlich waren damals die Zölle in den Kursen bereits eingepreist. Die Ereignisse von letzter Nacht sehe ich aber als eher künstlichen Eingriff durch sog. Market Maker (Erklärung hier) und bestätigt mir den Spruch "show me the chart, and I'll tell you the news."
4 Faktoren der aktuell negativen Stimmung
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Neue Eskalation im US-China-Konflikt
Präsident Trump kündigte an, die Zölle auf chinesische Importe zu 100 % zu erhöhen und neue Exportkontrollen auf kritische Software zu verhängen. Zusätzlich reagierte China mit erweiterten Exportbeschränkungen für Seltene Erden (wichtige Komponenten für Tech und High-Tech-Industrie). Das entzündete erneut Sorgen vor einem Handelskrieg 2.0. -
Hebelwirkung / Liquidationsdruck im Kryptomarkt & Tech
Viele Investoren und Trader hatten stark gehebelte Long-Positionen (in Krypto, Tech, KI), die durch den plötzlichen Richtungswechsel ausgelöst wurden. Sobald die Kurse fielen, kam es zu Kaskaden von Stop-Loss-Orders, Margin Calls und weiteren Ausverkäufen. -
Hohe Bewertungen / Überdehnung im Markt
Vor dem Einbruch standen viele Technologiewerte und AI-Fantasien bereits auf extrem hohen Bewertungen – teils weit über fundamentaler Relationen. Ein Rückschlag galt daher als mögliche Korrektur aus einem überhitzten Markt. -
Makro- / Datenunsicherheit & Shutdown
In den USA läuft weiterhin ein Teil-Shutdown der Regierung, was wirtschaftliche Daten und fiskalpolitische Impulse verzögert. Investoren sind deswegen sensibler gegenüber politischen Schocks und unerwarteten Statements.
Fokus Kryptomarkt
Die Liquidation von über 16 Milliarden USD in der vergangenen Nacht waren historisch! Man muss sich anhand der vorübergehenden Tiefständen mal vorstellen, welche Kursniveaus abgeholt wurden, z.B.:
- LINK: ca. 12,93 USD (gemäss Kraken) - aktuell bei 17,65 USD
- RENDER: ca 1,39 USD (gemäss CoinGecko) - aktuell bei 2,49 USD
- SUI: ca. 1,88 USD (gemäss Kraken), aktuell bei 2,486 USD
- FET: 0,113 USD (gemäss Binance), aktuell bei 0,40 USD
Wer also entsprechend tiefe Limit-Order platziert hatte, konnte bestimmte Kurse innert wenigen Stunden verdoppeln. Zur Einordnung der Ereignisse empfehle ich nachfolgende zwei Videos:
Wie es weitergehen könnte
Kurzfristig (Tage bis Wochen):
- Es könnte eine technische Erholung (Dead Cat Bounce) kommen, insbesondere wenn Käufer antizyklisch einsteigen oder US-Chinas Konflikt abklingt.
- Aber ohne klare positive Impulse (z. B. Deeskalation, Beruhigung von Seiten Washingtons oder Peking) besteht Risiko, dass der Abwärtstrend weitergeht.
- Wichtige Marke zu beobachten: Beim S&P 500 liegt Unterstützung im Bereich 6.570–6.600 Punkten. Ein Rutsch darunter könnte eine größere Korrektur auslösen.
- Bei Bitcoin/ Krypto: Wenn der Abverkauf gestoppt wird, könnten sich Teile des Marktes konsolidieren — mehr jedoch, wenn makroökonomische Stimmung sich beruhigt.
Mittelfristig (Wochen bis Monate):
- Sollte der Handelskonflikt nicht eskalieren, könnten Märkte zu einem „Relief-Rally“ ansetzen; aber das Vertrauen würde erst zurückkehren, wenn die Perspektive wieder klarer ist.
- Die Bewertungen, besonders im Tech/AI-Sektor, dürften unter Druck bleiben, wenn fundamentale Ergebnisse (Gewinne, Umsätze) nicht nachziehen.
- Ein Schlüssel wird sein: Zinsentscheidungen der Fed, Inflationszahlen und politische Aussagen – insbesondere zur Handelspolitik und Fiskalpolitik.
Szenarien:
- Optimistisches Szenario: Die USA und China deeskalieren, Zinsängste lassen nach, Unternehmen liefern gute Quartalszahlen. Folge: Erholungschance, Rückkehr zu Aufwärtsdynamik.
- Pessimistisches Szenario: Eskalation im Handelsstreit, weitere negative Überraschungen, technische Stopps – es könnte eine ausgeprägte Korrektur folgen, eventuell –10 % oder mehr auf Indexbasis.
Meine Einschätzung
Kryptomarkt: Ich bleibe bullish, sehe diese aktuelle Korrektur gar positiv. Früh morgens habe ich zahlreiche Coins nachgekauft (ADA, ONDO, LINK, DOT). Die Korrektur wird sich auf die Entwicklung des Bitcoin-Kurses positiv auswirken. Ich rechne unverändert mit einem Hochlaufen von BTC auf mindestes 150'000 USD in diesem Bullenmarkt (Q4/25 - Q1/26). Die Altcoins dürften ebenfalls noch in den Rallye-Modus fallen und toll performen.
Aktienmarkt: Kurzfristig bleibt es spannend abzuwarten, wie die Märkte am Montag öffnen werden. Persönlich rechne ich mit einigen Knock-outs bei den Mini Futures. Je nach Titel und Rücksetzer halte ich mich bereit für Nachkäufe. Das übergeordnete KI-Narrativ sehe ich vom USA-China-Konflikt kurzfristig nicht gefährdet. Mittelfristig und langfristig bleibt bei mir das ungute Bauchgefühl für grössere, disruptive, globale Ereignisse (Rezession, Konflikte, Kriege...? Hierzu ein interessanter Cash-Beitrag). Der von Oliver Michels erwähnte "Rollover" im nachfolgenden Video steht bei mir fix in der Storyline, die grosse Frage dreht sich nur um das "Wann"!
Die Interview-Reihe mit Oliver Michel erscheint wöchentlich
jeden Dienstag und kann ich jedem Börsianer wärmstens empfehlen.
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