Eine Zermatt-Wanderung im Herbst mit den gelbleuchtenden Fichten stand schon lange auf meiner Bucket List. Endlich klappte es im Herbst 2024 an einem freien Tag unter der Woche. Im nachfolgenden Bericht bekommst du einige (eher unkonventionelle) Ideen für eine Zermatt-Wanderung, erfährst was bei mir an diesem Tag "schief" gegangen ist und was meine High- und Lowlights waren. Vorneweg zwei Punkte aus meinem Fazit: 1. Die Wanderung in der Zermatt-Gegend war ultimativ top - 100% Empfehlung! 2. Bilder vom Matterhorn wirst du in diesem Bericht vergebens suchen... aber vielleicht waren gerade Wolken und Nebel mein Glück, dass ich die Schönheit von Zermatt's Gegend wo ganz anders gefunden habe.
Intro
Zur Einstimmung für den Wanderbericht empfehle ich dir nachfolgendes Video:
Anreise und ursprünglicher Wander-Plan
Tja dieser Titel verrät bereits, dass alles etwas anders gekommen ist, als ich mir ursprünglich vorgenommen habe. Aber eins nach dem andern. Zermatt erreicht man von uns aus, dem Kanton Zug, in ca. 4.5 Std. mit den öffentlichen Verkehr. Für diesen Tagesausflug kaufte ich mir eine SBB-Spartageskarte, man fährt damit am preiswertesten und ist flexibel in der Routenwahl. Mit dem ersten Zug früh morgens ging es los via Zürich - Bern ins Wallis. Wie immer unter der Woche sind die Züge von Zürich nach Bern stark ausgelastet, die Zugfahrt war definitiv nicht das tollste Erlebnis. In Visp freute ich mich auf das Brig-Visp-Zermatt-Züglein - vergebens! Wegen umfangreichen Gleisarbeiten waren Bahnersatz-Busse im Einsatz. Da Zermatt autofrei ist, fuhren diese Busse aber nicht bis nach Zermatt, sondern endeten in Täsch, wo alle Reisenden nochmals für den letzten 10 Minuten Abschnitt auf den Zug umsteigen durften. Ungefähr kurz nach 09:00 Uhr war es dann soweit, und Zermatt war erreicht.
Der Dorfkern von Zermatt stand noch im Schatten und es war bitterkalt an diesem Morgen. In den Anhöhen glitzerten aber bereits die gelben Fichten im Sonnenlicht, was mir ein Lächeln ins Gesicht zauberte und mein Herz für meine fotografischen Absichten höher schlagen liess. Ohne grosse Umwege marschierte ich zur Talstation der Sunnegga-Standsteilbahn los. Eigentlich hatte ich die bekannte 5-Seen-Wanderung auf meinem Plan. Gedanklich stellte ich mir schon vor, wie die schönen blauen Bergseen, umgeben von gelben Fichten und dem Matterhorn im Hintergrund, heute meine Foto-Speicherkarte füllen werden. Die Realität holte mich aber spätestens dann ein, als ich merkte, dass die gläsernen Schiebetore der Sunnegga-Bahn nicht öffneten. Ich war nicht der einzige, der gerade ziemlich irritiert war. Ungefähr 30 Leute standen vor den Türen, bis jemand auf einen kleinen Aushang am Rande hin deutete, dass die Bahn in den nächsten Wochen saniert werde uns ausser Betrieb sei.
Auch wenn ich es in meinem Leben noch so gewohnt bin, in Varianten zu denken, in dieser Situation gab es für mich keine zwei Optionen. Ziel waren und sind die Bergseen! Zu schön wäre es gewesen, die ersten Höhenmeter mit der Bahn zurückzulegen. So entschied ich mich, einfach aufzubrechen und die Höhenmeter aus eigener Kraft zu überwinden. Der Plan für den 5-Seen-Rundweg war somit erst mal dahin. Der neue Plan lautete: "Zum höchstgelegenen See wie nur möglich zu wandern". Habe ich diesen Entscheid bereut? Nein! Es stellte sich vielmehr als Glücksfall heraus!
Wanderroute Zermatt - Grindjesee
Die Morgenkälte war bereits nach ein paar Schritten kein Thema mehr. Rasch waren die letzten Häuser Zermatt's zurückgelassen und der Wanderweg tauchte ein in die herrliche Wald-Landschaft. Auch die nervigen Helikopter-Geräusche in Zermatt (eben autofrei, dafür werden Baustoffe für den Hausbau mit Helikoptern transportiert, welch ein Schwachsinn!) verstummten bald. Und das Beste: Kein Bahnbertrieb = keine übermässiges Menschenaufkommen! Ausser beim Wegpunkt 2273 oberhalb des Mossjesee's, wo ich zwei andere Fotografen antraf, habe ich den ganzen Tag keine andere Leute angetroffen. Bei "Tiefenmatten" (Pt 1883) wäre möglich gewesen, Sunnegga direkter anzusteuern. Das Gebiet "üsseri Wälder" aber aber derart märchenhaft schön, dass ich mich für die 1.5km lange Traverse durch den Wald entschied. Lassen wir doch einfach die Bilder sprechen:
Ein echtes erstes Highlight folgte dann im Abschnitt, wo man eine kurze Passage durch eine Felswand überwinden muss. Die Aussicht von diesem Punkt ist fantastisch und verleiht einem ein vogelfreies Gefühl.
Rund 7.5km und einige Höhenmeter später habe ich angetroffen, was ich oberhalb Zermatt antreffen wollte. Hätte ich mir das perfekte Foto vor der Wanderung gedanklich zeichnen müssen, hätte zugegeben das Matterhorn - Zermatt's Wahrzeichen - den oberen Rand das Bilds noch abgerundet. Aber diese herrliche Farbenpracht von gelben Herbstbäumen, türkisblau-glitzerndem See und weissen Nebel-/Wolkenschwaden in der Ferne hätte ich mir in den schönsten Vorstellungen nicht ausmalen können. Nun ging es nur noch wenige Schritte weiter, bis ich mein heutiges Tagesziel, den Grindjesee, erreichen würde. Da war dann auch die Mittagspause vorgesehen. Auf das Hochwandern zum höchstgelegenen Stellisee verzichtete ich an diesem Tag, weniger aus Zeitgründen, sondern vielmehr verschlechterte sich das Wetter zunehmend.
Wanderroute Grindjesee - Zermatt
Aufgrund der Wetterverschlechterung entschied ich mich nach einem rund einstündigen Aufenthalt am Grindjesee den Rückweg anzutreten. Der Rückweg führte hinab zum Findelbach, wo man die gewaltige Moräne des Findelgletschers hautnah erleben kann, und weiter zum Mossjesee. Den Waldabschnitt "Üsseri Wälder" liess ich ebenfalls aus und marschierte auf direktem Wege zurück ins Dorf nach Zermatt.
Fazit
Die Wanderung war traumhaft schön und es ist bereits beschlossene Sache, dass ich nochmals im Herbst nach Zermatt zurückkehren möchte. Mit etwas Glück verzieren bei einem nächsten Besuch dann auch das Matterhorn meine Fotos. Zur Gegend Zermatt habe ich eine gespaltene Meinung:
- Ganz allgemein ist die Landschaft mit ihren Tälern, welche die Gletscher über Jahrtausende geformt haben, wunderschön!
Was mir nicht so gefällt ist
- das Dorf mit seiner sonderbaren "Auto-Politik" (man muss echt vorsichtig sein, um nicht von den herumrasenden Elektro-Wagen umgefahren zu werden),
- die Art und Weise wie man Touristen betreffend Bahnbetrieb informiert, auf wirkt hier alles etwas selbstverständlich mit einer leichten Note von Arroganz,
- der nicht aufhörende Lärm des Helikopterbetriebs in dieser Gegend,
- und letztlich das Wirrwarr an Kabeln und Masten der ganzen Bahn- und Ski-/Sessellift-Infrastruktur. Ein wahrer Wermutstropfen für diese schöne Landschaft.
Ich nehme für mich mit, je mehr man Zermatt hinter sich zurücklässt und in die Natur eintaucht, desto schöner wird es. Und davon möchte ich gerne mehr erleben. Das Hochwandern durch die Wälder oberhalb Zermatt war wunderschön, wären die Bahnen im Betrieb gewesen, hätte ich dies verpasst. Und das Verweilen an den oberen Bergseen hätte ich wohl auch nicht dermassen geschätzt, wenn man den Aufwand nicht aus eigener Kraft dorthin hätte erbringen müssen. Deshalb meine Empfehlung: Selber hochlaufen!
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